Am kommenden Spieltag spielen der FC St. Gallen und der FC Luzern zum ersten Mal in dieser Saison gegeneinander. Aufgrund von Kollektivstrafen gegen Fans sollen alle Begegnungen der beiden Clubs in dieser Saison ohne Gästefans stattfinden. Aus Protest bleiben die Fankurven in allen Stadien der oberen zwei Ligen während den ersten 15 Minuten leer. Die Aktion ist ein gemeinsames Zeichen der Entschlossenheit in Richtung aller Hardliner bei den Behörden und in der Politik, die seit der Wiedereröffnung der Stadien nach der Pandemie ohne Not die Repressionsschraube anziehen.
Gegen Ende der letzten Saison kam es nach dem Spiel zwischen dem FC Luzern und dem FC St. Gallen zu unschönen Szenen, als die Luzerner Polizei Auswärtsfans am Fanlokal des FC Luzern vorbeiführte. Niemand kann darüber erstaunt sein. Mehrfach war es in der letzten Saison zu brenzligen Momenten gekommen, als Fans des FC Basel und des FC Zürich das Lokal kreuzten. Weshalb die Luzerner Politik in der Vergangenheit alle Vorschläge zur Entschärfung der Situation in den Wind schlug und so die Bedingungen schuf, die diese Szenen überhaupt erst möglich machten, bleibt ein Rätsel.
Kein Rätsel bleibt, wie Hardliner aus der Sicherheitspolitik die Gunst der Stunde für sich zu nutzen versuchten. Im Nachgang des Spiels setzte die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) die involvierten Vereine und die Liga derart unter Druck, bis diese einknickten und Gästesektorschliessungen beschlossen sowie mittrugen. Es sind Kollektivstrafen gegen alle Fans der beiden Vereine, ungeachtet dessen, wo sie an jenem Abend überhaupt waren oder was sie tatsächlich taten. Alle werden gleichermassen bestraft.
Dieser Vorgang stellt eine Eskalation der Behörden dar. Seit der Wiedereröffnung der Stadien nach der Pandemie suchen politische Hardliner ohne Not die Konfrontation mit den Fans. Dies ist eine Abkehr vom etablierten Umgang mit ähnlichen Ereignissen in der Vergangenheit, der auf einem Dialog auf Augenhöhe mit Fans und Vereinen fusste. Dieser Dialog hat in den vergangenen Jahrzehnten viel dazu beigetragen, dass es in der Schweiz eine lebendige Fankultur gibt, die den hiesigen Fussball im Stadion entscheidend belebt. Der Schweizer Fussball ist ein Erfolgsmodell mit immer höheren Zuschauerzahlen - auch wegen der Fankultur mit ihren Choreographien, Gesängen und Rivalitäten.
Wenn Hardliner den Umgang mit der Fankultur diktieren wollen, dann kommt es, wie es kommen muss: Der Dialog weicht dem Befehl, die Repression soll es richten und eine Eskalationsspirale wird in Gang gesetzt. Dieser Weg führt in eine Sackgasse. Die Konsequenz ist kurzfristig die Solidarisierung der Fans gegen solche Massnahmen, mittelfristig stets höhere Hürden für den Stadionbesuch und langfristig eine Verödung der Stimmung in den Stadien. Alle Erfahrungen im Ausland sowie die gemachten Erfahrungen in den vergangenen Jahrzehnten in der Schweiz weisen darauf hin, dass eine Strategie, die auf eine übermässige und kollektive Repression setzt, kein probates Mittel ist, um den überbordenden Momenten der Fankultur zu begegnen.
Diese gemeinsame Initiative aller Schweizer Fankurven ist ein Zeichen an die Vereine und Liga, sich nicht auf den Irrweg einzulassen, welchen politische Hardliner vorzugeben versuchen. Stattdessen soll der etablierte Umgang mit der Fankultur wiederhergestellt beziehungsweise beibehalten und weiterentwickelt werden. Die leeren Kurven sind ein Zeichen in Richtung aller Hardliner, dass sie mit ihren repressiven Vorstössen ins Leere laufen werden. Denn sie sind zugleich Ausdruck einer lebendigen und solidarischen Bewegung, die fähig und willens ist, für ihre Anliegen zu kämpfen.
Szene Aarau, Canton Baden, Muttenzerkurve Basel, Ostkurve Bern, KOP SUD LAUSANNE, CURVA NORD FC LUGANO 1908, USL (Luzern), Tribune Neuch`, Bierkurve Schaffhausen, Gradin Nord (Sion), Espenblock St. Gallen, Block Süd (Thun), Sektion Nord Vaduz, Sektor D Wil, Bierkurve Winterthur, Zürcher Südkurve, Sektor IV GC Züri, Kop 14 Yverdon, B’zona Boys 2005 (Bellinzona)